Mancherorts schneit es im Winter weniger als in anderen Gegenden Deutschlands. Aber das heißt nicht, dass man sich dort nicht mit den besonderen Verkehrsregeln auskennen muss, die gelten, wenn sich eine dicke Schneeschicht über die Straßen gelegt hat. Manche Leute, zum Beispiel mein Onkel Karl-Peter aus dem Rheinland, denken jetzt vielleicht: „Wöröm muss isch dat wesse?“, da sie nicht so oft mit heftigem Schneefall konfrontiert werden. Allerdings herrscht in anderen (kulturellen und landschaftlichen) Kreisen auch eine andere Auffassung von tiefem Winter als zum Beispiel in den Alpenregionen.
Also was tun, wenn man auf dem Weg in den Winterurlaub zu Tante Annette (meiner Mutter) in Oberbayern ist und über die Nachrichten der plötzliche Wintereinbruch und starker Schneefall für die Nacht angesagt sind? Karl-Peter und seine Familie sind jetzt also schon gute 500 km entfernt von der Heimat und kurz vor der Ankunft bei uns in Oberbayern. Unsicherheit macht sich breit: Haben wir das Auto denn auch richtig winterfit gemacht? Und was ist, wenn wir morgen im Schneechaos versinken? Die Kinder freuen sich doch schon so auf den Skikurs.
Am nächsten Morgen wachen wir alle auf und das tolle Alpenpanorama lässt vorerst alle Sorgen verschwinden.
Schöner könnte der Ausblick nicht sein!“
Doch bei dem Blick auf die Schneemassen, die sich über Nacht auf Häuser, Felder und auch auf Straßen niedergelassen haben, kommt bei meinem Onkel die Unsicherheit wieder. So oft ist Karl-Peter dann auch nicht bei einem solchen Wetter unterwegs. Nun soll es aber endlich in die Berge gehen – die Kinder sind schon ganz aufgeregt, toben im Schnee vor dem Haus und meine Tante versucht, sie in Schach zu halten.
Doch was müssen wir vor und auf der Fahrt durch das Schneechaos beachten? Welche Verkehrsregeln gelten? Was ist verboten und was ist erlaubt?
1) Darf ich den Motor im Winter warmlaufen lassen?
Nachdem Onkel Karl-Peter sein Auto unter der Schneedecke erst auf den zweiten Blick wiedererkannt hat, stellt er genervt fest, dass alle Fenster vereist und mit Schnee bedeckt sind. Nun muss er erst mal kratzen. Aber da Karl-Peter, wie er selbst zumindest findet, ein schlauer Typ ist, setzt er sich natürlich erst mal ins Auto und macht den Motor an.
Der muss ja erstmal warmlaufen und außerdem kann man gleichzeitig die Heizung anmachen, um das Eis von innen zu schmelzen.“
Falsch gedacht! Denn den Motor ohne Grund laufen zu lassen, um den Innenraum zu beheizen, ist verboten! Es stellt eine vermeidbare Lärm- und Abgasbelästigung dar und kann in einem Bußgeld von 10 € resultieren. Außerdem bringt es sowieso kaum was und verbraucht nur viel Kraftstoff.
2) Wie gründlich muss ich das Auto vom Schnee befreien?
Da im Winter der viele Schnee allerdings nicht von Zauberhand von den Fenstern fliegt, packen wir alle mit an. Wir streifen uns die Handschuhe über und nehmen die Befreiung der Auto-Fenster von Eis und Schnee in Angriff. Woran meine Verwandten aus dem Rheinland allerdings nicht gedacht haben, ist, dass auch die Lichter und Nummernschilder vom Schnee befreit werden müssen. Denn sind diese nicht ordentlich sichtbar, droht ein Verwarngeld von 5 bis 10 €, bei nur teilweise enteisten Scheiben sogar von mindestens 10 €. Zusätzlich muss man auch noch die Schneemassen vom Autodach entfernen, bevor es losgeht. Denn rutscht die Schneelawine während der Fahrt vom Dach, können andere Verkehrsteilnehmer oder auch man selbst gefährdet werden.
Bald haben wir also das Auto freigeschaufelt und die abenteuerliche Fahrt über die verschneiten Straßen in den Voralpen kann endlich losgehen.
3) Was muss ich beachten, wenn Straßenschilder im Winter verschneit sind?
Nun sind wir also unterwegs, aber schon taucht das nächste Problem auf: Da steht ein Straßenschild am Straßenrand, aber es ist komplett von Schnee bedeckt. Was tun? Das Vorfahrts-Schild und das Stopp-Schild sind extra so designt, dass man sie auch anhand der Form eindeutig erkennen kann. Runde Verkehrsschilder können allerdings vieles bedeuten – aber natürlich muss der Autofahrer hier nicht anhalten und den Schnee entfernen, um das Schild zu identifizieren. Hier gilt der gesunde Menschenverstand! Denn wenn sogar Verkehrsschilder komplett eingeschneit sind, sollte es die Verkehrslage normalerweise nicht zulassen, zu schnell oder gewagte Manöver zu fahren. Bei ortsansässigen Fahrern wird erwartet, dass sie die gegenwärtigen Regeln kennen. Glücklicherweise kenne ich mich hier aus und kann meinem Onkel sagen, dass man höchstens 70 km/h fahren darf – was aber bei den aktuellen Straßenverhältnissen sowieso nicht drin ist.
4) Was muss ich bei Streu- und Räumfahrzeugen beachten?
Vorsichtig geht die Fahrt weiter in Richtung Berge. Es schneit immer noch. Die Straßen wurden zwar schon geräumt, aber sind bei Weitem nicht schneefrei. An der nächsten Kreuzung kommt von rechts ein Räumfahrzeug.
Hat dieses nun Vorfahrt bei diesen Bedingungen?“
Streu- und Räumfahrzeuge haben keine Vorfahrt, aber generell dürfen sie überall fahren, wo ihr Einsatz notwendig ist. Sie dürfen auch überholt werden – allerdings nur wenn es gefahrlos möglich ist und mit genügend Abstand. Da der Einsatz von  Räumfahrzeugen an sich meistens schon aussagt, dass das Überholen nicht gefahrlos möglich ist, sollte davon auch eher abgesehen werden. Wir lassen das Räumfahrzeug vor – es räumt uns dadurch ja auch schön die Straße vor der Nase frei. Genügend Abstand halten wir allerdings. Umherfliegender Schneematsch ist nämlich noch das geringste Übel, welches auf dem Auto landen kann. Zwar haftet grundsätzlich der Betreiber der Räum- und Streufahrzeuge, meistens die Kommunen, für Schäden an anderen Autos, aber nur wenn deren Schuld nachgewiesen werden kann.
„Außerdem zählen Schäden durch umherfliegenden Streu-Split als unabwendbares Ereignis und sind nicht in der Haftung mit inbegriffen.“
click to tweetHatte sich mein Onkel zuvor noch geärgert, dass die Straßen im Wohngebiet noch nicht geräumt sind, ist er jetzt doch ganz froh, dass zumindest die Hauptstraße geräumt wird. Denn es ist keinesfalls die Regel, dass alle Straßen sofort geräumt werden: Bei starkem Schneefall werden zuerst alle großen und wichtigen Hauptstraßen und Kreuzungen geräumt, bis schließlich kleinere und nicht so wichtige Straßen an der Reihe sind. Glücklicherweise haben wir genug Zeit eingeplant, um entspannt hinter dem Räumfahrzeug herfahren zu können.
5) Herrscht bei zugeschneiten Autos Parkscheinpflicht?
Endlich sind wir sicher und ohne Probleme mit Kontrolleuren, Polizei oder anderen Fahrzeugen im Skigebiet angekommen. Nun benötigen wir nur noch einen Parkplatz. Durch die Schneemassen herrscht hier auch Chaos – wir sind wohl nicht die einzigen, die diesen tollen Wintertag nutzen möchten. Als wir endlich einen Parkplatz ergattert haben, benötigen wir nur noch einen Parkschein für den Tag. Meine Tante meint spitzfindig, dass wir uns den ja auch sparen können, da das Auto eh gleich wieder zugeschneit ist und dann ja auch keiner sieht, ob da ein gültiger Parkschein liegt oder nicht. Allerdings besteht trotz zugeschneiter Autos die Parkscheinpflicht immer weiter. Die Kontrolleure sind bei diesem Wetter dafür verantwortlich, die Autos vom Schnee zu befreien und zu überprüfen, ob ein gültiger Parkschein unter der Windschutzscheibe liegt. Dieser muss dort natürlich gut erkennbar hingelegt werden. Wir holen also unseren Parkschein und können uns endlich ins Schneegestöber stürzen.
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