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Ein pflegebedürftiges Baby – und die ständige Angst zu versagen

Tanja Ramming Tanja Ramming

Wusstest du, dass 99 % der pflegebedürftigen Kinder und Jugendlichen zu Hauses betreut werden?[1] Ich nicht – ehrlich gesagt hatte ich mir nie Gedanken über so etwas gemacht. Warum auch? Und dann hatte ich auf einmal selbst ein pflegebedürftiges Baby …

Vor meiner Elternzeit war ich begeisterte Teamleiterin im Bereich Erstausbildung: Alles drehte sich um Auszubildende, Recruitment, Verträge, Onboarding der Neuen, Betreuung, Entwicklung, Prüfungsvorbereitung und Zeugniserstellung. Ich strotzte vor Energie und 50-Stunden-Wochen waren nicht selten. Nach 3 Jahren High Performance freute ich mich auf meine Elternzeit – quasi auf einen einjährigen Urlaub.

Diese Fehleinschätzung war der größte Irrtum meines Lebens. Denn: Ab heute war ich auch nachts erreichbar!“

schwangere Frau

Meine bislang normal verlaufende Schwangerschaft endete nach 12-stündigem Geburtsstillstand mit einem Kaiserschnitt. Bereits am ersten Abend wurde mir mitgeteilt, dass „mit Luca irgendetwas nicht stimmte“ und mein kleiner Sohn wurde vorsichtshalber auf die Neugeborenen-Intensivstation verlegt.

Da lag ich nun. Alleine, mit Wundschmerzen und ohne Kind. Die erste Nacht als frischgebackene Mama verbrachte ich damit, die weiße Krankenhauswand anzustarren. Und ich realisierte langsam, dass da etwas so gar nicht nach Plan verlief. Ich war schon immer leicht perfektionistisch veranlagt, gut organisiert und leistungsorientiert. Jetzt kroch das Gefühl der Hilflosigkeit und des Kontrollverlusts in mir hoch. Und Versagensängste.

Dieses Gefühl verstärkte sich noch einmal ein paar Wochen später, als die Diagnose feststand: Unser Kind hat Mukoviszidose.

Mein neues Leben als Mutter eines chronisch kranken Kindes begann.“

Wann ist ein Baby pflegebedürftig?

Grundsätzlich benötigen natürlich alle Babys Pflege. In einen Pflegegrad eingestuft werden Kinder, die einen höheren Pflegebedarf haben als Gleichaltrige, die ihrem Alter entsprechend entwickelt sind. Pflegebedürftige Babys bis 18 Monate werden seit der Pflegereform 2017 pauschal einen Grad höher eingestuft, als es bei älteren der Fall wäre.

Begutachtet werden Babys und Kinder durch Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes, die dafür besonders geschult wurden. Dabei handelt es sich in der Regel um Gutachter, die als Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder als Kinderärzte qualifiziert sind.

Übrigens: Kindern mit Pflegegrad stehen die gleichen Leistungen aus der Pflegeversicherung zu wie pflegebedürftigen Erwachsenen.

Plötzlich pflegebedürftig? Die DKV Pflegewelt hilft

Suchst du in deiner Wohnortnähe ein Pflegeheim, eine Kurzzeitpflege, einen ambulanten Pflegedienst oder andere Betreuungsdienste?  In der DKV Pflegewelt kannst du diese ganz einfach finden.

Schnelle Hilfe für pflegebedürftige Versicherte der DKV

Die DKV hat für ihre Versicherten in der Pflegeversicherung ein besonderes Angebot: Sie können ihren Pflegeantrag direkt online ausfüllen und versenden. Der Antrag auf einen Pflegegrad erfolgt ohne Postlaufzeiten und kann so schneller bearbeitet werden.

Du möchtest mehr über das Pflege Schutz Paket oder die Private Pflegezusatzversicherung der DKV erfahren?

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„Die Kollegin mit dem chronisch kranken Baby …“

Familie, Freunde und auch Arbeitskollegen wurden informiert. Die private Glückwunsch-Karte meines Teams habe ich heute – 15 Jahre später – immer noch. Diese Karte hatte mich sehr berührt, da sie „ganz gewöhnlich“ war. Kein Bedauern, keine Mitleidsbekundungen, einfach nur Glückwünsche zur Geburt unseres Sohnes. Ein Stückchen Normalität.

Der Kontakt zu meinen früheren Kollegen war mir sehr wichtig, da sie mich nicht nur auf „die Mutter mit dem kranken Kind“ reduzierten, wie es manche Ärzte, Sachbearbeiter des Versorgungsamts oder der Pflegekasse taten.

Die Brücke in mein altes Leben war demnach umso wertvoller für mich.“

Häufige Ursachen für Pflegebedürftigkeit bei Kindern

Kinder mit einer chronischen Krankheit sind nicht automatisch pflegebedürftig. Doch chronische Krankheiten sind einer der Gründe, warum Babys und Kinder Pflege benötigen. Weitere Ursachen:

  • Psychische Störungen und Verhaltensstörungen
  • Angeborene körperliche Fehlbildungen bzw. geistige Beeinträchtigungen
  • Krebs
  • Neurologische Erkrankungen
  • Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Morbus Crohn oder Mukoviszidose

Ich war mir auch oft nicht sicher, was ich Bekannten oder Arbeitskollegen außerhalb meiner Abteilung preisgeben wollte bzw. was „zumutbar“ war. Wenn ich etwas in den letzten Jahren gelernt habe, dann, dass es wirklich wenig planbar ist, wie Menschen auf Schicksalsschläge anderer reagieren. Ob betroffenes Schweigen, peinliche Stille, Mitgefühl, interessiertes Nachfragen oder auch taktlose Bemerkungen wie: „Ja, Mukoviszidose kenne ich, dann stirbt er bald, gell?“ – es war wohl alles dabei.

Manche Bekannten übergingen „das Thema“ auch lieber und zogen sich nach und nach zurück. Dafür überraschten mich andere wiederum positiv mit ihrer Empathie und Hilfsbereitschaft.

Manchmal braucht man eben einen Freund mehr als die Wahrheit.“

Alleine mit dem Schmerz

Auf jeden Fall wusste ich nie, was mich erwartete, wenn ich über Lucas Diagnose sprach. Auch meine eigenen Emotionen überforderten mich: Mal war ich völlig sachlich und gefasst und dann brachen plötzlich alle Dämme, ohne dass ich es selbst voraussehen konnte. Eine Situation hat sich besonders in mein Gedächtnis gebrannt. Sie ereilte mich in einem Moment, in dem ich nicht damit gerechnet hatte: beim Duschen. An was ich mich erinnere, ist diese besondere Stille und die Tatsache, dass es mich trotz des warmen Wassers fror.

Die Welt hörte tatsächlich einen Moment auf, sich zu drehen. Das war wohl der Moment, als mich die Erkenntnis wie ein Schlag traf und als ich mir der Endgültigkeit der Diagnose bewusst wurde:

Er wird nie gesund werden. Mein Kind ist unheilbar krank.“

Ich hielt den Atem an und lauschte dem gleichmäßigen Prasseln des Wassers, während sich alles in mir gegen die traurige Gewissheit auflehnte. Ich hatte das Gefühl, in meinem Schmerz zu ertrinken. Und egal, wie viele Menschen für dich da sind, egal, wie viel Hilfe du bekommst: In diesem Moment … ertrinkst du alleine. Du weinst die bitteren Tränen, die du weinen musst.

Und dann machst du einfach weiter. Weil du gar keine andere Wahl hast. Weil es jetzt eben so ist, wie es ist.“

Zum Glück konnte ich zu dieser Zeit gar nicht ahnen, welche weiteren Dramen uns in den kommenden zwei Jahren noch ereilen sollten.

Pflegebedürftiges Baby? Es kam noch schlimmer …

Die Erkrankung von Lucas Papa; seine darauffolgende Arbeitslosigkeit sowie das unternehmerische Risiko, sich selbstständig zu machen; finanzielle Engpässe; juristische Auseinandersetzungen mit der gesetzlichen Pflegekasse und schließlich die Fehlgeburt unseres zweiten Kindes.

Der ERGO Rechtsschutz hilft

Tipp: Nutze bei juristischen Problemen die telefonische Sofortberatung durch Anwälte – ohne Wartezeit. Ruf einfach an und dir wird ein kompetenter Anwalt vermittelt. Du kannst dich auch rein vorsorglich informieren, um von Anfang an die Weichen richtig zu stellen für den Fall, dass es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt. Auch dabei steht dir der ERGO Rechtsschutz zur Seite.
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Zu diesem Zeitpunkt wurde ich bereits das zweite Mal in einen neuen Bereich versetzt, da nach wie vor keine Stelle als Referentin in der Ausbildung frei war. Ich meldete mich für den Eingriff einfach Donnerstag und Freitag krank und war Montag wieder im Büro.

Für meinen neuen Job fehlte mir jedoch schlichtweg die Energie.“

Ich schwieg aber über die eben erlittene Fehlgeburt, schließlich kannte ich weder meinen neuen Chef noch meine neuen Kollegen gut genug. Das Letzte, was ich gebrauchen konnte, war ein peinlich berührtes Schweigen im Kreise meiner rein männlichen Kollegen. Auch in den kommenden Jahren fehlte mir das Vertrauen, mit ihnen über meine angespannte Situation zu sprechen. Sie wussten zwar über Lucas Krankheit Bescheid, aber dieses Thema wurde weitgehend vermieden.

Die Situation fordert ihren Tribut

Mein anhaltender chronischer Schlafmangel veränderte im Laufe der Zeit leider auch mein Wesen: Ich war schnell erschöpft, gereizt, hatte Sprachfindungsstörungen und konnte manchmal nicht einmal mehr einen einfachen Satz flüssig sprechen. Meine Wut über meine Unzulänglichkeiten wurde immer größer und so arbeitete ich ziemlich oft abends das auf, was tagsüber liegen blieb. Natürlich heimlich. Ich konnte es mir selbst nicht zugestehen, nicht mehr die Leistung und Qualität zu erbringen, die ich von mir gewohnt war. Und ich wollte kein Low Performer sein. Nicht ich.

Mehrere Jahre lang war ich also Mutter, Pflegeperson, Teilzeit-Angestellte, Hausfrau und Ehefrau. In genau dieser Reihenfolge.“

Dies trug letztendlich auch dazu bei, dass unsere Ehe nicht mehr funktionierte. Genauso, wie ich nicht mehr funktionierte. Der Tiefpunkt in meinem Leben war erreicht und ein Gefühl des absoluten Versagens blieb. Und dennoch schwieg ich in meinem beruflichen Umfeld beharrlich.

Meine Rettung aus dieser Misere kam unerwartet, aber zum Glück noch rechtzeitig.

Finanzielle Unterstützung

Wir gewannen den Prozess gegen die gesetzliche Pflegekasse. Und ich war heilfroh darüber, eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen zu haben, die bereits die Kosten im Widerspruchsverfahren übernahm. Mit Bestätigung der Pflegestufe 1 (heute Pflegegrad 2) durch die gerichtlich bestellte Gutachterin erhielt ich nun weiterhin ein monatliches Pflegegeld und auch die private Pflegezusatzversicherung leistete nach Hinzuziehen des Ombudsmanns ihren Beitrag. Die finanzielle Situation entspannte sich allmählich.

Sichere dich und deine Familie für den Pflegefall ab!

In der Regel reichen die Leistungen der Pflegepflichtversicherung gerade mal für die Grundlagen der Pflege. Sorge deshalb frühzeitig mit einer privaten Pflegezusatzversicherung vor. Denn  Pflege kann in jedem Alter nötig werden, zum Beispiel durch einen Unfall. Mit privater Vorsorge ist der finanzielle Spielraum größer und die Zukunft gesichert.

Tipp: Je früher du eine Pflegeversicherung für dein Kind abschließt, desto niedriger die Beiträge. Und der Schutz gilt ab sofort.

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Lucas Gesundheitszustand blieb trotz aller unguten Prognosen sehr stabil und er entwickelte sich zu einem fröhlichen und selbstständigen Kind, dessen Krankheit man ihm gar nicht ansah.“

Auch beruflich ging es wieder bergauf: Ich nutzte die Chance und bewarb mich auf eine offene Stelle im Bereich Ausbildung. Ich bewegte mich schließlich wieder auf bekanntem Terrain und befasste mich mit Themen, die mir Spaß machten und Sinn stifteten. Mein sehnlicher Wunsch nach Stabilität und Beständigkeit erfüllte sich endlich. Es dauerte dennoch fast ein Jahr, bis mein alter Optimismus wieder zum Vorschein kam.

Auch bis heute gibt es kaum eine Nacht, in der ich durchschlafe.“

Ich weiß es daher sehr zu schätzen, dass meine jetzigen Kollegen Herzensmenschen sind, die auch ein Ohr für Privates haben und die mir das Gefühl geben, „sicher“ zu sein. Hin und wieder entfallen mir immer noch Wörter oder ich vertausche sie, was manchmal unfreiwillig zu herzlichen Lachanfällen im Büro führt. Diese Atmosphäre ist Gold wert und ich möchte sie nicht mehr missen.

Heute frage ich mich, warum ich so lange geschwiegen habe.“

Hilfe annehmen

Die Möglichkeit, sich an eine Vertrauensperson in der Firma zu wenden, war mir zum einen weder bekannt noch bewusst. Ich denke, auch mein Stolz stand mir im Wege und vor allem die Sorge, als nicht belastbar abgestempelt zu werden, war einfach zu groß. Daher vermied ich es jahrelang, mich krankzumelden oder die jährliche Reha, die Luca und mir zustand, in Anspruch zu nehmen. Ich habe einen hohen Preis für meine Sturheit bezahlt und hatte letztendlich einfach nur Glück gehabt, dass ich über eine so hohe Resilienz verfüge.

Es hätte auch ganz anders enden können.“

Das Pflegetelefon anrufen und schnelle Hilfe bekommen

Angehörige von Pflegebedürftigen können sich jederzeit durch Wege zur Pflege beraten lassen. Dort gibt es auch Antworten auf Fragen zu finanzieller Unterstützung.

Bei Gesprächsbedarf ist das Pflegetelefon des Bundesfamilienministeriums eine gute Anlaufstelle. Es ist unter 030 / 20179131 zu erreichen, und zwar montags bis donnerstags zwischen 9 und 16 Uhr.

In den letzten Jahren hat sich sowohl gesellschaftlich als auch im ERGO Konzern viel getan, der Umgang mit Mitarbeitern in schwierigen Situationen verbesserte sich sehr zum Positiven. Die Hilfen, die in unserer Betriebsvereinbarung Beruf & Familie angeboten werden, hätten bestimmt einige aufreibende Zeiten erträglicher gemacht.

Auch eine Pflegeberatung über WDS.Care hätte mir viele anstrengende Nächte erspart, in denen ich mich selbst ins Pflegerecht eingelesen hatte. Erst vor Kurzem erfuhr ich von unserem ERGO Inklusionsnetzwerk, in dem sich betroffene Mitarbeiter austauschen können. Das ist eine tolle Möglichkeit, Tipps zu erhalten und schnell und unbürokratisch Themen zu klären, die einem auf der Seele brennen.

Tipp: In diesem Blogbeitrag erfährst du, wie meine Kollegen aus dem Netzwerk Inklusion es schaffen, neben dem Beruf ihre Angehörigen zu pflegen. Und du bekommst Infos zu weiteren Angeboten, die dich bei der Pflege unterstützen.

Hier darf meines Erachtens gern noch viel regelmäßiger auf die verschiedenen Hilfsangebote hingewiesen werden. Denn nicht nur die Lebenssituationen unserer Kunden können sich schlagartig ändern – auch die der eigenen Mitarbeiter. Und in diesem Moment ist jede noch so kleine Hilfe ein Segen!

Hast du auch ein pflegebedürftiges Baby oder Kind? Oder hast du Erfahrung mit der Pflege eines anderen Angehörigen? Dann teile deine Gedanken und Erlebnisse doch in einem Kommentar.

#EinfachWeilWichtig

[1] https://www.kinderpflegenetzwerk.de/de/fakten/Statistik.php


2Kommentare

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Kommentare

  • Sascha Antworten

    Ein wirklich sehr bewegender Bericht. Danke für die Offenheit, dies hier zu veröffentlichen.

    Ich habe selbst viele Jahre eine Angehörige betreut/mitgepflegt und konnte oder besser wollte lange Zeit nicht um Hilfe zu bitten. Erst als es fast gar nicht mehr ging, habe ich mir Unterstützung (durch meinen Arbeitgeber ERGO, WDS.Care und dem Kölner Alzheimer Forum) eingeholt und diese Hilfe auch bekommen. Hätte ich besser schon viel früher getan…

    Ich wünsche alles Gute, Frau Ramming und nochmals vielen Dank!!!

  • Tanja Ramming Antworten

    Hallo Sascha,

    herzlichen Dank für diesen Kommentar! 🙂

    Ja, es ist leider immer noch so, dass sich viele Betroffene keine ohne sehr spät Hilfe suchen, das ist häufig ein Tabu-Thema…
    Ich wünsche Ihnen auch alles Gute und an dieser Stelle auch einmal Danke an alle Kollegen/Kolleginnen, die sich zwischenzeitlich privat bei mir gemeldet haben.
    Mir war gar nicht bewusst, wie viele Menschen in meinem geschäftlichen Umfeld in ähnlicher Lage sind oder waren.
    Viele Grüße
    Tanja Ramming

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