Die Mobilität scheint immer eine Frage der Generation. In meiner Jugend hatte mit 18 Jahren fast jeder seinen Führerschein in der Tasche. Das war die Eintrittskarte in die Unabhängigkeit – und ersparte uns die Tramperei von Lübeck an den Strand nach Travemünde. Nicht wenige wurden ihren Führerschein dann durch Missachtung von „Don’t drink and drive“ auch schnell wieder los. Heute haben es die jungen Leute nicht mehr ganz so eilig mit dem ersten Auto.
Unsere großen Kinder sind 24 und 23 Jahre alt und noch ohne Führerschein. Mit den Öffentlichen und Fahrrad kommen sie in Hamburg wunderbar zurecht. Daher habe ich auf der Suche nach spannenden Geschichten zum ersten Auto mal in meinen Karriere-Rückspiegel geschaut und mich an die vielen sehr liebgewonnenen Autoblogger erinnert, zu deren Szene ich für mein erstes Start-up, einen Kfz-Teilemarkt, gehörte. Daher gibt es nun unterhaltsame Lesekost von den Petrolheads, die Euch auf YouTube und ihren Blogs mit Fahrberichten und Autotests versorgen.
Viel Spaß!
Jens Stratmann
Ich bin Baujahr 1979, seit meiner Kindheit begeistere ich mich für alles, was vier Reifen hat. Mein erstes „Auto“ war somit natürlich ein Bobby-Car. Knall-Rot! Mit dem Rutschauto habe ich auch meinen ersten großen Unfall gebaut, die Wohnzimmerschrankwand meiner Eltern hat ganz schön gelitten. Das war damals aber glücklicherweise kein Fall für die Versicherung, sonst wäre ich sicherlich schon in den Prozenten gestiegen, bevor ich überhaupt einen Führerschein hatte.
Das erste eigene, richtige Auto war in der Tat ein Neuwagen.
Durch (un)glückliche Umstände bin ich an etwas Geld gekommen, das hätte ich natürlich sparen können. Aber ich habe die Wirtschaft angekurbelt und bei meinem Ausbildungsbetrieb (ich habe eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker absolviert) vermutlich genauso viel Geld auf den Tisch gelegt, wie ich da in drei Jahren verdient habe, wenn nicht sogar mehr.
Mein erstes Auto war ein Neuwagen!
Wie dekadent das heute klingt, oder? Nicht geleast, nicht finanziert, sondern bar bezahlt. Ein Opel Corsa B mit sagenhaften 90 PS. Das Fahrzeug hat das Autohaus allerdings nicht im Serienzustand verlassen, denn ich war jung und hatte das Geld. 30.000 DM wanderten damals über den Verkaufstresen.
Bereits vor dem Kauf wusste ich schon, dass der Opel Corsa B nicht original bleiben sollte, ich wollte unbedingt ein Schiebedach und eine Klimaanlage haben und natürlich die damalige Höchstmotorisierung. Wenige Monate später kam der Corsa mit mehr Leistung auf den Markt, da habe ich mich ganz schön geärgert.
Tragische Wendung in der automobilen Liebesgeschichte: Mein erstes Auto habe ich klischeemäßig „versenkt“.
Fahrt zur Disco, Aquaplaning, Fahrfehler, Lkw, Leitplanke, Lkw, Leitplanke, Lkw, Leitplanke – Ruhe!
Leider kein Fun-Fact: Die Vollkasko-Versicherung hatte ich wenige Wochen zuvor aus Kostengründen gekündigt und die Moral von der Geschicht´? Diesen Fehler macht man nicht!
Heute sind andere Dinge wichtiger, als Familienvater achte ich auf Platz, Ablageflächen und fahre ein Fahrzeug mit Schiebetüren. Die reduzieren die Gefahr, dass die Kinder unbeabsichtigt die Türen (von anderen Autos) zerbeulen. Dinge, die ich nicht mehr missen möchte: Sitzheizung, Klimaanlage und ein gutes Infotainment-System.
Das ist vermutlich unterschiedlich. Stadtkinder haben es mit öffentlichen Verkehrsmitteln einfacher als Landeier. Wobei gerade die Corona-Pandemie uns ja gezeigt hat, welches Verkehrsmittel am sichersten ist: Das eigene Auto. Für mich war der Führerschein verbunden mit vielen Fahrten in (viel zu weit entfernte) Discotheken und natürlich erleichterte das Auto auch den Kontakt zu weiter entfernten Personen, wir hatten es ja damals nicht so einfach wie heute. Das Internet war noch Neuland, das mobile Internet quasi unbezahlbar …
Früher war also doch nicht alles besser!
Björn Habegger
Mein erstes Auto war ein Golf 1 GTI, der aus den ersten Jahren bis 1981, mit einem 1.6 Liter Einspritzer-Motor und 110 PS stark.
Für mich war der Golf GTI im Sommer 1993 die Erfüllung meiner Träume als 18-Jähriger.
Es war ein heißer Sommer, Autos, Volljährigkeit. Der GTI spielte damals für mich eine große Rolle. Obwohl der Golf beim Kauf bereits über 20 Jahre alt war und eigentlich nur von Unterbodenspray und dem obligatorischen Kenwood-Aufkleber in seiner rostigen Substanz zusammengehalten wurde, war es noch immer ein Auto mit dem man seine rasanten Träume ausgelebt hat.
Am Ende des Sommers hatte ich nicht nur den rostigen GTI schrottreif gefahren, sondern auch so viele Punkte gesammelt, dass man mich prompt zur Führerscheinstelle des Landratsamts vorlud, um über meine Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges zu diskutieren.
Vom GTI blieb nach dem ersten Ausflug zur berühmten Nordschleife nicht viel übrig.
Bald 30 Jahre später wechsle ich auf ein E-Auto, fahre im Alltag ohne Punkte im Flensburger Sündenregister und darf dennoch, von Zeit zu Zeit, mit den Erben der „Idee GTI“ auf die Rennstrecke. Das Auto spielt noch immer eine wichtige Rolle in meinem Leben, aus dem Fluchtfahrzeug wurde jedoch ein Werkzeug für den Arbeitsalltag.
Um das Ende der Frage zuerst zu beantworten:
Für mich war das damals genau das – ein Fluchtfahrzeug aus der Jugend, raus in die Unabhängigkeit.
Man liest heute oft über die verschobenen Bedürfnisse der jungen Generation. Ein Smartphone ist heute demnach wichtiger als ein Auto. Der Führerschein gerade in Metropole-Regionen nicht mehr so wichtig wie bei uns damals.
Es mag sein, dass das Auto heute weniger wichtig ist – die Faszination für das Auto an sich, für die Emotionen, die es auslösen kann und für das, was es auch heute noch ermöglicht; Freiheit – werden nicht so schnell erlöschen wie oft proklamiert. Und damit das so bleibt, arbeite ich auch heute noch gerne an unserer Webseite und den Videos für unseren YouTube-Kanal. AUTOHUB, weil Autos einfach Spaß machen.
Jens Tanz
Mein erstes Auto war ein 1975er Ford Taunus TC Coupé („Knudsen“), lila gerollt und mit noch einem Jahr TÜV für 900 D-Mark. Mir gefiel die saurierhaft anmutende Form des damals erst 15 Jahre alten Autos, das amerikanische Design war eine kleine Provokation der Generation Golf und gefiel mir sehr gut. Der Wagen war billig, im Unterhalt okay und einfach zu reparieren. Werkstätten konnte ich mir nicht leisten.
Heute sind meine Kriterien ähnlich. Ich habe zwar mehr Geld, will aber immer noch alte Autos fahren, auch im Alltag. Zufällig ist mein Daily Driver ein Ford Taunus Coupé. Für den Winter mache ich mir gerade eine S-Klasse der Baureihe 126 fertig, ein 260 SE. Beide Autos sind enorm zuverlässig, preiswert bei den gängigen Ersatzteilen und leicht zu warten und zu reparieren.
Ich schraube noch immer an meinen Autos, das ist ein feiner Gegenpol zu meinen sehr virtuellen Social Media Manager Tätigkeiten.
Der Führerschein war für mich im Jahr 1989 quasi das Wichtigste, was ich überhaupt hätte machen können.
Noch vor dem Abitur. Ich liebte Autos, ich wollte Auto fahren und ja – es war meine persönliche Freiheit. Den Gedanken, theoretisch volltanken und bis nach Südfrankreich fahren zu können, fand ich richtig gut. Mit meinem ersten Auto tankte ich dann auch gleich voll und fuhr nach Südfrankreich.
Heute sehe ich zwei Generationen von jungen Menschen. Die einen nutzen die Sharing-Angebote und die Öffentlichen, weil mindestens in den großen Städten ein Vorankommen mit dem eigenen Auto unmöglich und teuer ist und die Parkplätze rar sind. Da machen die Alternativen absolut Sinn. Auf dem Land ist es noch anders, wenn kaum Anbindungen sind, ist ein eigenes, kleines und stylisches Auto mit guter Medienkonnektivität wichtig. Der Führerschein ist heute, auch wegen seines absurd hohen Preises, nicht mehr das erste Ziel dieser Generation.
Ich glaube, das Smartphone und die eigenen Netzwerke sind in den Vordergrund getreten.
Es gibt aber immer noch junge Menschen, die ein eigenes Auto haben möchten. Ein eigenes Auto bedeutet auch heute noch Unabhängigkeit und Flexibilität. Seit Corona wollen viele nicht mehr in S-Bahnen oder Zügen reisen und auch zeitlich ungebunden agieren. Wir werden sehen, wie das weitergeht.
Fabian Meßner
Mein erstes Auto war ein schwarzer Passat Kombi (Bj 1996), den ich von meinen Eltern übernommen habe. Kurz gesagt, hätten wir keine Umweltzonen, dann hätte ich ihn heute noch. Klappe auf und alles Erdenkliche rein. Der Wagen hatte ein paar Macken, aber über die Jahre lernt man mit diesen umzugehen oder sie „zu vermeiden“. Er war einfach super praktisch und vor allem genügsam. Egal ob Umzug, Großeinkauf oder Urlaubstour, der Kombi war für alles gut.
Fahranfänger aus heutiger Sicht schauen meiner Meinung nach zu sehr auf den hippen Look und überteuerte Extras, die am Ziel vorbeiführen.
Heutige (neue) Autos zeigen sich im Alltag oft als extrem unpraktisch und wenn man genauer nachliest, dürfen nur noch zwei bis drei Personen mit Gepäck drinsitzen. Auch wenn der Autokauf – selbst für mich – noch eine emotionale Entscheidung ist. Drei Minuten das Hirn einschalten und sich genau überlegen, was man wirklich braucht, spart an der richtigen Ecke ein paar Euro und vor allem Nerven.
Diese Gerüchte von den jungen Leuten, die keinen Führerschein mehr haben scheint mir eine politische Verschwörungstheorie zu sein. Ich sehe mehr junge, über-euphorische Fahrer auf den Straßen als ältere Fahrer. In den drei Großstädten in Deutschland, Köln, München und Berlin, mag man mit dem Öffentlichen gut vorankommen. Überall sonst ist man, wenn man sich von den Eltern lösen möchte, auf die eigene Mobilität angewiesen. Ich denke nicht, dass es Unterschiede in den Generationen sind, sondern Unterschiede des häuslichen Umstands. Wenn Mutti vom Kochen bis hin zum Taxi alles für die Kinder macht, warum sollte man sich dann selbst um seine Freiheit kümmern?
Für mich war der Führerschein (und das Auto) damals essenziell. Nicht nur, weil mich Autofahren gereizt hat.
Es gibt eine Freiheit, die kein öffentliches Verkehrsmittel bieten kann.
Kai Bösel
Mein erstes Auto war tatsächlich ein Motorrad von Honda. Ich habe mit 17 den ganzen Sommer gearbeitet, aber das Geld reichte am Ende nur für einen Führerschein, nicht für die Kombi aus Auto und Zweirad. Zu der Zeit trug ich einen langen Zopf, drei Ohrringe, war frisch tätowiert – und fand Autofahren irgendwie spießig.
Nach zwei Jahren war mir dann aber klar, dass es recht oft im Norden regnet. Und im Winter sogar schneit und friert.
Daher habe ich dann den Autoführerschein gemacht und das Moped gegen einen Mercedes-Benz Heckflosse, Baujahr 1965, eingetauscht. Ich konnte leider nicht schrauben, daher habe ich durch diese „Bastelbude“ die ersten Werkstätten kennengelernt und ihn mit Verlust und vielen Rechnungen im Ordner weiterverkauft. Aber cool war er schon mit Lenkradschaltung, durchgehender Sitzbank und sehr viel Platz.
Heute fahren wir immer noch Mercedes, eine B-Klasse. Die ist wendig in der Stadt, entspannt auf der Langstrecke, bietet vorne und hinten Beinfreiheit, einen großen Kofferraum, viel Sicherheit und ist nicht besonders durstig. Es ist tatsächlich das erste Auto von mir, bei dem die Vernunft eine Rolle gespielt hat.
Wie schon erwähnt, sind unsere Kinder bisher ohne Führerschein. Sicherlich mag das am Verkehrsnetz in Hamburg liegen, denn mit der Kombi aus einem Fahrrad und den Öffentlichen gibt es eigentlich keine Probleme. Hinzu kommt dann aber sicherlich auch noch der wirtschaftliche Aspekt. Ein Führerschein ist immer noch teuer. Und dann muss ja auch das erste Auto angeschafft werden, inklusive Sprit, Steuer und Versicherung. Das wird dann der nächsten Urlaubsreise gegenübergestellt – und zieht in diesem Voting oft den Kürzeren.
Fabian Mechtel
Mein erstes Auto war ein VW Golf. Es war eine Entscheidung für ordentliche Sicherheit, denn er war groß genug, um passiv genug Knautschzone zu bieten, das war vor allem den Eltern wichtig und wurde deshalb einem Corsa oder ähnlichem vorgezogen. Vor allem aber war er preislich relativ attraktiv, schließlich gibt es Gölfe wie Sand am Meer. Es war natürlich ein Gebrauchter, aber ein wirklich schönes Auto, schwarz mit schwarzen Ledersitzen – dafür bleibt dann aber kein Geld für einen anständigen Motor. Aber mit immerhin 105 PS kam man dennoch gut vom Fleck.
Und die neugewonnene Freiheit war umso mehr wert – egal wie schnell man von A nach B kam, Hauptsache das.
Heute würde ich für meine Tochter sicher ähnlich entscheiden, wobei ich das Thema Sicherheit nicht mehr an der maximalen Blechmenge messe. Zumal die einstigen Kleinwagen wie Polo, Fiesta und Corsa heute locker so groß sind, wie es damals eben die Golfklasse war. Generell wichtig ist allerdings ein nicht zu starker Motor, ein manuelles Getriebe und nur ein überschaubares Arsenal an Assistenzsystemen. Denn um wirklich sicher am Verkehr teilzunehmen, sollte man nicht nur die Funktion eines Fahrzeuges verstehen, sondern auch sich selbst jederzeit mit vollem Lageüberblick im Verkehr bewegen können. Wenn ich durch Assi-Systeme eingelullt werde, den Schulterblick vergesse oder automatisch eingeparkt werde, dann lernt man es im Zweifel nie.
Das erste Auto darf deshalb immer noch ein bisschen „eine Karre“ sein. Schließlich soll man mit ihnen noch etwas lernen.
Die Zahlen sprechen gar keine so deutliche Sprache, wie man es im allgemeinen Echo vermuten mag. Noch immer machen drei Viertel der Achtzehnjährigen einen Führerschein. Viel spannender ist sogar deren Zugriff auf Autos. Ich meine mich an eine aktuelle Studie zu erinnern, in der mehr als 50 % ein eigenes Auto besitzen und praktisch jeder eins im direkten Zugriff hat – und das nicht etwa durch Carsharing, sondern die Familie. Sicher, flexible Modelle wie Carsharing und E-Scooter kommen in Großstädten hinzu. Aber ich nehme es eher so wahr, als dass die junge Generation das eher zusätzlich nutzt, weil „kein Bock auf großartige Parkplatzsuche“, aber, wenn es drauf ankommt, nicht auf das eigene Auto verzichten möchte.
Gerade auch die Corona-Verwerfungen haben gezeigt, dass das Sharing-Modell unerwartet schnell an Grenzen kommen kann.
Und auf dem Land ist das eigene Auto einfach nicht wegzudenken.
Welches war euer erstes Auto? Und machen wirklich weniger Jugendliche heutzutage ihren Führerschein? Lasst uns in den Kommentaren wissen, wie ihr das seht!
1000 Bewertungen